Martin Auer: Der seltsame Krieg, Geschichten für die Friedenserziehung |
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Bücher und CDs von Martin AuerIn meinem Haus in meinem Kopf Gedichte für Kinder Die Prinzessin mit dem Bart Joscha unterm Baum Was die alte Maiasaura erzählt Die Erbsenprinzessin Der wunderbare Zauberer von Oz - Hörbuch zum Download Die Jagd nach dem Zauberstab, Roman für Kinder - Hörbuch zum Download Der seltsame Krieg Geschichten über Krieg und Frieden Zum Mars und zurück - Lieder Lieblich klingt der Gartenschlauch - Lieder Lieschen Radieschen und andere komische Geschichten - CD |
Seit ich Bücher für Kinder schreibe, war es mir immer ein wichtiges Anliegen, das schwierige Thema „Krieg und Frieden" in einer für Kinder verständlichen Form zu behandeln. Mir scheint, dass es nicht genügt, den Kindern zu erzählen, dass Krieg schrecklich und Frieden viel schöner ist. Obwohl das natürlich schon ein Fortschritt ist gegenüber einer Jugendliteratur, die Soldatentum und Kriegstaten verherrlicht, die es ja auch gegeben hat. Aber die meisten Kinder in unseren Breiten wissen, dass Krieg etwas Schreckliches und Frieden viel schöner ist. Aber ist Frieden möglich? Oder ist der Krieg nicht ein unvermeidliches Schicksal, das immer wieder über die Menschen kommt? Lehrt uns nicht der Geschichtsunterricht ebenso wie die täglichen Abendnachrichten, dass es Krieg immer und überall auf der Welt gegeben hat und gibt? Kultur des Friedens, Verständnis für die anderen, friedliche Beilegung von Konflikten - das ist alles schön und gut: Aber was ist, wenn die anderen nicht wollen? Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir den Krieg aus dem Leben der Menschheit verbannen können, wenn wir nicht nach den Ursachen forschen, die den Krieg hervorbringen. Erst, wenn man die Ursachen einer Krankheit erkennt, kann man sie gezielt und wirkungsvoll bekämpfen. Ich habe zwar mein Geschichtsstudium an der Uni nur geschwänzt, aber für mich zu Hause habe ich das Studium der Geschichte bis heute fortgesetzt, weil mich als Schriftsteller natürlich immer die Frage beschäftigt, was denn das Tun und Denken der Menschen bestimmt. Aber natürlich kann ich nicht behaupten, dass ich den Stein der Weisen gefunden habe und in meinen Geschichten restlos erklären könne, was denn die Ursachen des Krieges sind. Und ich kann auch kein fertiges Rezept zur Vermeidung künftiger Kriege vorlegen. Aber die Geschichten wollen doch mehr sein als sogenannte „Denkanstöße". Die Dichter wollen immer nur Denkanstöße geben, aber irgendwann muss ja auch mal jemand zu denken beginnen. Die Geschichten, die ich hier gesammelt habe, wollen eine Richtung vorschlagen, in der man weiterdenken könnte, sie wollen ein Gefühl dafür vermitteln, wo und wie nach den Ursachen des Krieges geforscht werden könnte. Die Geschichte "Der Träumer" entstand während einer Workshopwoche im Ötztal, die die Kulturinitiative "Feuerwerk" zum Thema "Frei wie Wind und Wolken" veranstaltete. Ich schrieb dort mit den Kindern ein "Wind- und Wolkenbuch". "Der blaue Junge" schrieb ich für die ZDF-Kinderserie "Siebenstein". Ich schrieb die Geschichte kurz nach der "Wende" 1989, als die ganze Welt von einer kurzfristigen Friedenseuphorie befallen war. Als die Geschichte in Buchform erschien, hatten wir bereits den ersten Golfkrieg erlebt. In dieser Geschichte geht es um die seelische Verhärtung, die Angst bewirken kann. Die Pointe der Geschichte ist nicht, dass der Junge am Schluss sein Gewehr wegwirft, sondern warum er es wegwirft. "Du könntest dein Gewehr ja wegwerfen", genügt nicht. Erst muss Hoffnung auf Veränderung da sein. Auf dem Karottenplaneten zeigt, wie ein bestimmtes System des Zusammenlebens eine Eigendynamik entwickeln kann, so dass es sehr schwer wird, etwas daran zu ändern, und sogar die, die durch das System eigentlich benachteiligt werden, zu seinen Verteidigern werden. Angst ist ein Beispiel dafür, wie wir oft unsere Vernunft nicht dazu gebrauchen, herauszufinden, wie die Wirklichkeit ist, sonder nur dazu, unsere Wünsche oder Triebe, unsere Furcht oder unseren Hass zu rechtfertigen. Die Fähigkeit des Menschenwesens, sich selbst zu belügen, ist eine seiner erstaunlichsten Eigenschaften. Im Unterricht möchten Sie vielleicht noch mehr Beispiele mit Ihren SchülerInnen suchen. Dieselbe paranoide Logik, die in Angst gezeigt wird, wird auch in Noch einmal Angst dargestellt, doch diesmal auf der Ebene des Staates. In Die seltsamen Leute vom Planeten Hortus geht es nicht um Moral sondern schlicht und einfach um die Kosten des Kriegführens. Als die Soldaten kamen zeigt in
verdichteter Form, die schon kleinere Kinder verstehen können, dass es
im Krieg dem Wesen nach um Eroberung und Ausbeutung geht, und nicht um
Unterschiede in der Kultur oder der Religion, oder um Interessenskonflikte. "Der Krieg auf dem Mars" ist ein Versuch zu
zeigen, wie die Tatsache, dass jeder seine - eigentlich harmlosen - Eigeninteressen
verfolgt, zu Ergebnissen führen kann, die keiner gewollt hat. Der Krieg zwischen Sonne und Mond wurde das erste Mal auf Englisch in der indischen Zeitschrift "Parenting" veröffentlicht. Sie soll zwei Punkte illustrieren: Der erste ist, dass Religion oft benutzt wird, um Aggression zu rechtfertigen, wenn in Wahrheit materielle Motive der Kern des Konflikts sind. Es wird immer Frömmler wie Frau Pema und Herr Tashi geben. Doch die entscheidende Frage ist: Unter welchen Umständen können sie eine Anhängerschaft um sich scharen, unter welchen Umständen werden politische Anführer wie Herr Dorji sich der Sache der Religion annehmen? Der zweite Punkt ist natürlich, dass Konflikte um Ressourcen in mehr als einer Weise gelöst werden können, und dass es oft möglich ist, eine friedliche Lösung zu finden, zum Beispiel, die knappen Ressourcen effektiver zu nutzen. Doch die Geschichte sollte mit der Geschichte "Als die Soldaten kamen" verglichen werden. Was ist der Unterschied zwischen dem Konflikt von König Ubuk und König Babak auf der einen Seite und dem Konflikt der Dörfer Tralong und Namkah auf der anderen? Wie sind die beiden Gesellschaften aufgebaut? Was sind die Ziele der Konfliktgegner? Auch in Der Sklave geht es darum, wie es geschehen kann, dass Menschen sich Systeme schaffen, zu deren Gefangenen sie dann selber werden. Ich schrieb Die guten Rechner nachdem ich das Buch Die Logik kollektiven Handelns (The Logic of Collective Action) des Ökonomen Mancur Olson gelesen hatte. In diesem Buch zeigt der Autor dass es theoretisch unmöglich ist, dass eine große Gruppe von Individuen, die rational im Eigeninteresse handeln (das ist das beliebte Modell der modernen Wirtschaftslehre, der homo economicus) für ein gemeinsames Anliegen zusammenarbeitet, und zwar sogar dann, wenn jeder einzelne weiß, dass es für alle besser wäre, wenn alle für dieses Anliegen arbeiten. Er zeigt auch, dass es für kleinere Gruppen leichter ist, für ein gemeinsames Anliegen zusammenzuarbeiten, als für sehr große Gruppen. Der seltsame Krieg zeigt eine mögliche Form des passiven Widerstands. Welche Art des Widerstands möglich ist, hängt freilich von den Zielen der Angreifer ab. Wenn es den Angreifern darum geht, das andere Volk auszurotten, wird diese Form des Widerstands nicht möglich sein. Doch die meisten Kriege werden geführt, um Völker zu unterwerfen, nicht um sie auszurotten. Arobanai schildert das Leben der BaMbuti ("Pygmäen") im Kongo als Beispiel für die Lebensweise von Sammler- und Jägergesellschaften. Sie beruht auf den Forschungen von Colin Turnbull ("The Forest People"). Alle bekannten Sammler- und Jägergesellschaften sind egalitär, mit sehr schwachen oder gar keinen Anführern. Sie führen keine Kriege, denn mehr Land zu erobern würde ihnen keine Vorteile bringen. Sie könnten es nicht "bewirtschaften". Es kann vorkommen, dass sie mit einer benachbarten Gruppe um eine Ressource kämpfen, wie zum Beispiel einen Baum, der reich an Honig wilder Bienen ist. Sternenschlange ist die Geschichte
eines jungen aztekischen Kriegers und die Geschichte der Entstehung des
Aztekenreiches. Frieden beginnt bei dir selbst wurde durch die Verkehrssituation in Beirut angeregt. Aber natürlich ist der Straßenverkehr hier nur ein Beispiel für soziale Verwicklungen. Wenn man die Worte "Frieden beginnt" in irgendeine Suchmaschine einträgt, bekommt man erstaunlich viele Seiten von der Sorte: "Frieden beginnt bei dir selbst", "Frieden beginnt vor der Haustür". Aber was ist der nächste Schritt? Die zwei Gefangenen behandelt eine Situation, die in der Spieltheorie "Gefangenendilemma" genannt wird. Es ist ein klassisches Modell dafür, wie das durchaus rationale Streben nach dem größtmöglichen Vorteil für einen selbst zu einem Ergebnis führen kann, das allen schadet, einen selbst mit eingeschlossen. So lange man sich an die Bedingungen des Modells hält, dass die zwei Gefangenen nicht kommunizieren können, gibt es keine Lösung. Gerechtigkeit habe ich für einen Kongress über Kinderbücher in Israel im Jahr 2001 geschrieben. "Gerechtigkeit" ist ein mehrdeutiger Begriff und wird oft missbraucht. Was ist eine gerechte Verteilung von Gütern? Jedem zu geben, was ihm oder ihr zusteht? Oder jedem zu geben, was er oder sie für ein annehmbar gutes Leben braucht? Wie entscheidet man, was jemandem zusteht? Und wer entscheidet? Die verhexten Inseln: Was macht einen König zum König? Irgend eine Eigenschaft, mit der er geboren wurde? Irgendwelche Fähigkeiten, die er erlernt hat? Nein, bloß die Tatsache, dass andere ihn als König anerkennen. Was macht Geld zu Geld? Irgend eine Eigenschaft des Materials, aus dem es gemacht ist? Die Buchstaben und Zahlen, die darauf gestempelt sind? Nein, bloß die Tatsache, dass Menschen es als Geld anerkennen. Viele Wörter die ein bestimmtes Ding zu bezeichnen scheinen, bezeichnen in Wirklichkeit ein bestimmtes Verhalten der Menschen. Der Satz: "Dieses Paar Schuhe kostet 20 Euro" scheint eine Eigenschaft der Schuhe zu beschreiben. Aber das ist nicht so: Jemand verlangt 20 Euro, jemand bezahlt 20 Euro. Der Preis ist keine Eigenschaft der Schuhe sondern ein bestimmtes menschliches Verhalten. Ein "Preis" oder ein "Gesetz" oder ein "Land" ist nur Ausdruck von bestimmten Spielregeln, so wie ein "Trumpf" oder ein "Royal Flush". Wird ein Royal Flush immer ein Full House schlagen? Ja, solange wir Poker spielen. Entscheiden wir uns aber, Bridge zu spielen, verlieren Wörter wie "Royal Flush" jede Bedeutung, auch wenn wir immer noch dieselben 52 Karten in der Hand halten. Geld handelt von wirtschaftlicher Eroberung. Das, was hier beschrieben wird, hat sich so ähnlich mehr als einmal in der Geschichte des Kolonialismus abgespielt. Die Geschichte versucht auch den rätselhaftesten Aspekt des Geldes zu erklären: Warum kriegt man überhaupt etwas dafür? Alle früheren Formen von Geld sind relativ leicht zu verstehen: Menschen waren bereit, nützliche Dinge für Geld einzutauschen, weil die Dinge, die als Geld benutzt wurden, selber nützlich waren. Ob Kakaobohnen, Kaurischalen, Kamele, Kupfer, Silber oder Gold: Man wusste, dass man diese Dinge für praktisch alles eintauschen konnte, weil fast jeder sie brauchen konnte. Man konnte das "Geld" essen oder melken oder darauf reiten oder es zu Werkzeugen oder zu Schmuck verarbeiten. Alles, was viele Menschen haben wollen, kann als Geld dienen, als Tauschmittel. Heutzutage akzeptieren die Menschen wertloses Papiergeld (Nein, die Bank garantiert nicht, einem Gold dafür zu geben! Das ist lange her!), weil sie es brauchen, um die Steuern zu zahlen. Das ist das simple Geheimnis. Im Krieg zeigt, dass der Krieg viele Seiten hat, die anziehend sind für Jungen und Männer, sogar für Mädchen und Frauen. Wenn es nicht so wäre, wäre es viel schwieriger, die Männer (und Jungen und Frauen und Mädchen) dazu zu bringen, in die Schlacht zu marschieren. Die Geschichte von einem guten König habe ich 2010 in Korea geschrieben. Ich nahm an einem Treffen von Autoren und Illustratoren aus der ganzen Welt teil. Sie alle hatten zu einer Sammlung von Friedensgeschichten beigesteuert und waren zusammengekommen, um die Veröffentlichung des Buchs zu feiern. Es wurde viel über die Macht der Liebe und die Bedeutung von Toleranz und Freundschaft gesprochen. "Wenn Menschen gemeinsam singen und tanzen werden sie später nicht gegeneinander kämpfen" lautete ein Redebeitrag, der viel Applaus bekam. Ich widersprach nicht gerne, aber ich musste es tun, denn es stimmt leider gar nicht. Wie oft ist es schon passiert, dass Menschen, die gute Freunde und Nachbarn waren sich plötzlich auf verschiedenen Seiten der Front wiederfanden! Obwohl Freundschaft, Toleranz und Liebe unverzichtbare Werte sind, genügen sie leider nicht. Wir müssen unsere Kinder auch kritisches Denken und eine analytische Weltsicht lehren. Wir müssen verstehen und unseren Kindern helfen zu verstehen, dass große Gruppen von Menschen sich anders verhalten als einzelne Menschen. Staaten fangen nicht an, miteinander zu kämpfen, weil sie einander nicht mögen. Man kann das Verhalten von Staaten oder Stämmen, von Firmen oder Religionsgemeinschaften nicht mit Psychologie erklären. Denn solche Organisationen sind aus vielen Individuen zusammengesetzt, deren Psychologie, Weltsicht und Interessen sich untereinander unterscheiden und die nur ein begrenztes Wissen darüber haben, was die anderen Mitglieder der Gruppe vorhaben. Das Verhalten der Gruppe wird durch das Verhalten aller ihrer Mitglieder bestimmt, doch das Ergebnis kann sich von allem unterscheiden, was jedes einzelne Mitglied der Gruppe angestrebt hatte. Als ein weiteres Beispiel habe ich diese Geschichte geschrieben.
Bericht an den Rat der vereinten Sonnensysteme
ist vielleicht das, was der Blaue Junge erkannt hat in den
Jahren, in denen er durchs Fernrohr den blauen Planeten studierte. |